Die 4. Kompanie des Schützenvereins Hemsen e. V. umfasst das Dorf Borken.
Borken: Frühe Geschichte
(Text: Berthold Krüßel im Jahr 2012)
Borken zählt zusammen mit Fullen, Versen, Hesepe, Dörgen und Geeste zu den ältesten Dörfern im Raum Meppen. Diese Orte gehörten zur Missionszelle Meppen, die Kaiser Ludwig der Fromme im Jahr 834 mit allen Höfen, Menschen, Gebäuden und Ländereien dem Kloster Corvey schenkte. Borken wird namentlich im Jahr 861 unter „burgiun“ in einer Hebeliste des Klosters Corvey erwähnt. In anderen Dokumenten finden sich die Namen „borthrun“ und „borcnun“ für das heutige Borken. Die Ortsbezeichnung lässt darauf schließen, dass dort Birken wuchsen oder die Menschen in einem Birkenhain lebten.
In Wirklichkeit dürfte der Ort wesentlich älter sein. Unsere germanischen oder sächsischen Vorfahren konnten jedoch keine schriftlichen Zeugnisse hinterlassen, so dass erst mit der Missionierung Ende des achten Jahrhunderts die systematische Geschichtsschreibung im norddeutschen Raum anfing.
Im elften Jahrhundert gehörten die Ländereien in Borken zu einem der beiden Meppener Haupthöfe. Die im Ort wirtschaftenden Bauern mussten an den Haupthof einen Pachtzins zahlen. Im Laufe der Jahrhunderte wechselten die Herren, die Bauern entrichteten jedoch bis ins 19. Jahrhundert an bestimmten Stichtagen ihren Zehnten, eine Abgabe an Vieh oder landwirtschaftlichen Produkten, die sich meist nach der Größe der bewirtschafteten Fläche richtete. Die Bauern befanden sich also in einer Abhängigkeit, entweder vom Kloster Corvey, von der Kirche in Meppen, vom Dom in Münster zum Beispiel oder von weltlichen Herren, wie der Regentin Jutta von Ravensburg im 13. Jahrhundert bis hin zum Herzog von Arenberg im 19. Jahrhundert. Sie waren persönlich und wirtschaftlich abhängig und erreichten erst ihre Selbständigkeit und Freiheit nach der Bauernbefreiung und den ersten demokratischen Ansätzen in der nachnapoleonischen Zeit.
In Borken wird von den Älteren berichtet, dass an einer der Laken (einem der Dorfteiche) unterhalb des Borker Berges eine Burg gestanden habe, die die Likedeeler um 1400 angegriffen und deren Land sie gleichmäßig an die sieben Bauern verteilt haben sollen. Die Likedeeler waren die damaligen Seeräuber der Nord- und Ostsee, deren Hauptmann Klaus Störtebecker auch heute noch aus Literatur und Film bekannt ist. Der Name Likedeeler bedeutet „Gleichteiler“ und diese Piraten waren um die besagte Zeit tatsächlich im Mündungsgebiet der Ems anzutreffen, wo sie sich der Verfolgung durch die Deutsche Hanse zu entziehen versuchten und Unterschlupf bei ostfriesischen Häuptlingen und Landesherren suchten. Zwar hat es an der Stelle am Borker Berg in der Tat im 16. Jahrhundert einen Herrensitz gegeben, von dem auch Reste gefunden wurden, aber von einem Eingreifen der Likedeeler in Borken gibt es keine nachweisbaren geschichtlichen Zeugnisse. Diese Geschichte gehört also wohl eher ins Reich der Legenden.
Im Jahr 1545 werden in Borken sieben Bauern namentlich genannt, von denen der Name Vieler noch heute auf derselben Hofstelle ansässig ist. Von den gleichzeitig aufgeführten Namen Baalmann und Lübbers (allerdings wie auch Vieler in anderer Schreibweise) leben noch Nachkommen auf dem Hof. Der im selben Dokument genannte Name Wolters existiert auf der Hofstelle (heute Benner) nicht mehr.
In der Regel gehörte über Jahrhunderte zum Bauernhof ein Heuerhaus, in dem eine Landarbeiterfamilie wohnte, die dem Bauern zur Erntearbeit verpflichtet war. Als Gegenleistung durfte diese Familie billig wohnen und ein kleines Stück Ackerland für den Eigenbedarf bearbeiten. Das letzte Heuerhaus und die letzten Heuerleute im Dorf gehörten noch in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts zum Bauern Baalmann, heute Naber. Die Elektrisierung in Borken im Jahr 1928 und in der Folgezeit die Mechanisierung und Spezialisierung in der Landwirtschaft machten Mitte des 20. Jahrhunderts fremde Hilfe auf dem Hof überflüssig. Zudem fanden die Menschen nach dem Zweiten Weltkrieg Arbeit in der Industrie und im Dienstleistungsbereich mit guter Bezahlung, die eine Abhängigkeit von einem Bauern aufhob.
Borken war fast ein Jahrtausend eine Bauernschaft mit einer festen Wirtschaftsordnung und Bewohnern, die ebenfalls ihren bestimmten Platz und Rang hatten. Die Sprache war selbstverständlich plattdeutsch. Überkommene Lebensweisen und der Einfluss der Kirche bestimmten den Lebensrhythmus und die gesellschaftliche Grundeinstellung. Autoritäre und konventionelle Strukturen schienen gottgegeben und wurden nicht hinterfragt. Wirtschaftliche Besserungen brachte eine erste Industrialisierung mit dem Bau der Bahnlinie im Jahr 1856, die Einrichtung des Kruppschen Schießplatzes 1876 und der Bau des Dortmund-Ems-Kanals, der 1899 fertig gestellt wurde. Nachgeborene Söhne und Landarbeiter fanden hier erstmals eine eigene Möglichkeit, sich eine Existenz im Dorf aufzubauen.
Borken im 20. Jahrhundert
Ein rasanter Wandel setzte Mitte des 20. Jahrhunderts ein und veränderte das Leben völlig. Der verlorene Zweite Weltkrieg und die Demokratisierung durch die alliierten Siegermächte brachten mit der Gründung der Bundesrepublik im Jahr 1949 und der freien und sozialen Marktwirtschaft unter Ludwig Erhard eine neue Gesellschaft hervor. Diese Umwälzung wurde beschleunigt durch die Medien und insbesondere das Fernsehen. Eine erste Auswirkung war der Rückgang des Plattdeutschen zugunsten der hochdeutschen
Sprache im Alltag.
Wirtschaftlich ging es wie in der ganzen Bundesrepublik auch in Borken steil bergauf: Das Dorf erhielt 1928 den Anschluss an das Stromnetz. 1953 wurde die erste Straße im Ort gebaut und 1960 wurde der bisherige Sandweg von Borken nach Hemsen als Straße ausgebaut. Ebenfalls im Jahr 1960 renovierten Borkener Bürger in Eigenregie das Ehrenmal und gaben ihm die heutige Form.
Eine wesentliche Voraussetzung für eine rationelle Bewirtschaftung der landwirtschaftlichen Flächen wurde in den Jahren 1963 bis 1971 mit der Flurbereinigung geschaffen. Die zahlreichen und teils weit auseinander liegenden Parzellen wurden zu größeren Einheiten zusammengelegt, die den Einsatz großer Landmaschinen ermöglichten. Neue befestigte Wege und neue Straßen bewirkten ein schnelles Erreichen. In einer frühen Phase der Flurbereinigung wurde in Borken durch Landverkauf und Landumwidmung das Bebauungsgebiet „Osteresch“ ausgeschrieben.
Im August 1964 wurde für das Dorf die öffentliche Müllabfuhr beschlossen. Der bisherige Schuttabladeplatz unterhalb des Borker Berges zwischen den beiden Laken wurde geschlossen. Ende 1965 wurde die Straßenbeleuchtung freigeschaltet und 1966 wurde die Kreisstraße von Hemsen über Borken nach Meppen dem Verkehr übergeben. Der bisherige Bahnübergang von Borken auf die Bundesstraße B70 wurde geschlossen und auch das Bahnwärterhaus wurde abgerissen. Nur wenige Jahre später wurde entlang der Straße ein Radweg angelegt, zur Sicherheit insbesondere der Schulkinder.
Im Juli 1967 wurde der Bebauungsplan „An der Umgehungsstraße“ angenommen und im März 1968 wurde Borken an die zentrale Wasserversorgung angeschlossen. Im August 1968 wurde für das Bebauungsgebiet „Am Borker Berg“ der Bungalowstil vorgeschrieben. Das Gemeindekreuz mit den Initialen der Borkener Bauern, das bislang im Hemsener Esch gestanden hatte, wurde renoviert und, mit einem neuen Corpus versehen, an seinem gegenwärtigen Platz neben dem Glockenturm aufgestellt.
1973 beschloss der Gemeinderat den Anschluss des Dorfes an das Gasleitungsnetz. Im gleichen Jahr legte der Gemeinderat die heute noch gültigen Straßennamen fest. Im Januar 1974 stimmte der Gemeinderat dem Gebietsänderungsvertrag mit der StadtMeppen zu. Borken gab die kommunale Selbstverwaltung auf und wurde ein Ortsteil von Meppen. Im Jahr 1977 führte eine Gruppe junger Borkener eine Spendensammlung durch, so dass der jetzige Glockenturm gebaut und die Glocke wieder in Betrieb genommen werden konnte. 1981 erfolgte für Borken der Anschluss an die öffentliche Kanalisation. Die Meppener Nordumgehung wurde 1991 für die Aufnahme des Schwerlastverkehrs von und nach Holland und zur Entlastung des „Schullendamms“ in Meppen fertig gestellt und dem Verkehr übergeben. Zum Bau dieses Abschnitts der B402 mussten Borkener Bauern Land abtreten.
Interessant ist übrigens die Entwicklung der Baulandpreise in den beschriebenen Zeiträumen: Sie stiegen von 2,50 DM im Jahr 1961 auf 10,00 DM pro Quadratmeter. Einheimische Borkener zahlten 50 Pfennig weniger. In den 1990er Jahren kosteten die Plätze in der „Bürgermeister-Bruns-Straße“ 60,- DM, zehn Jahre später kosteten sie in der „Bürgermeister-Koopmann-Straße“ bereits 60,- EURO pro Quadratmeter.
Das heutige Borken
In den letzten Jahrzehnten hat Borken sich gewandelt, von einer Bauernschaft zu einem modernen Wohnort. Drei Hofgebäude existieren schon nicht mehr, keiner der ansässigen Bauern geht mehr der Landwirtschaft nach. Die Hofbesitzer haben teils moderne Wohnhäuser errichtet. Die ehemaligen Bauern genießen ihren Ruhestand oder üben andere Tätigkeiten aus. Stallungen und Scheunen haben ihre frühere Funktion verloren. Sechs gewerbliche Betriebe sind im Dorf ansässig, die teils auch moderne Arbeitsplätze
bieten:
- Die Firma Paul Voß betreibt seit 1961 einen Heizungs- und Sanitärbetrieb mit einer Zweigstelle in Twist.
- Christian Schreiber hat sich mit seinem Vermessungsbüro 1990 in Borken niedergelassen. Mit seinem Team führt er Grundstücks- und Gebäudevermessungen durch und erstellt amtliche Lagepläne und Planungsunterlagen für größere Bauvorhaben.
- Im Jahr 2001 bezog der Kinder- und Jugendhilfeverbund Backhaus aus Bokeloh das Bauernanwesen Dierkes-Bölscher und betreut hier mit mehreren Fachkräften eine intensivpädagogische Wohngruppe.
- Dieter Brink betreibt seit 1991 ein Waffengeschäft in der Osterstraße.
- Hubert Müller unterhält ebenfalls in der Osterstraße seit 1991 ein Angelfachgeschäft.
- In den früheren Betriebsräumen der Firma Paul Voß betreibt Michael Römer mit seinem Team eine Kfz-Werkstatt zum Einbau und zur Reparatur von Gasantrieben.
Einen wichtigen Teil im dörflichen Leben nimmt das Vereinsleben ein:
- Die Jagdgenossenschaft Borken wurde nach dem Zweiten Weltkrieg gegründet. Außerdem haben die Bauern noch die Eigenjagd der Markengemeinde. Die Jäger haben sich neben der Jagd den Naturschutz und die Hege und Pflege der Tiere auf ihre Fahnen geschrieben.
- Im Jahr 1971 wurde der Angelsportverein Hemsen/Borken gegründet. Neben dem Angelsport sorgt sich der Verein auch um den Natur- und Artenschutz, insbesondere im Bereich der Gewässer: www.asv-hemsen-borken.de
- Die Reservistenkameradschaft Borken wurde 1968 von jungen ehemaligen Bundeswehrsoldaten aus der Taufe gehoben. Die Arbeit der Mitglieder hat sich mit der Zeit längst auf soziale Aufgaben und die Verschönerung des Dorfbildes verlagert: www.rk-borken.de
- Der jüngste und mitgliederstärkste Verein ist der 2006 gegründete Borkener Heimatverein. Er hat im Ortskern ein ansehnliches Heimathaus mit kleinen Funktionsgebäuden geschaffen. Das Haus wird stark frequentiert von den örtlichen Vereinen und Gruppen und für gesellige Veranstaltungen. Das Heimathaus ist so nicht nur aus geografischer Sicht zum Dorfmittelpunkt geworden. Der Heimatverein pflegt den dörflichen Zusammenhalt und fördert die Integration aller Neubürger in das dörfliche Leben. Weitere Aufgaben sind die Pflege des Dorfes, seiner Geschichte und Traditionen und der plattdeutschen Sprache: www.heimatverein-borken.de
In den letzten Jahrzehnten hat sich der Ort Borken in der Struktur der Bevölkerung und im Erscheinungsbild des Dorfes erheblich verändert. Dieser Wandel zeigt sich in den neuen Baugebieten und in den Berufen der Bewohner. Viele Mitbürger gehen modernen Berufen im Dienstleistungsbereich oder den sogenannten Kragenberufen mit einer geregelten Arbeitszeit nach. Aufgrund der Nähe zur Stadt Meppen hat sich Borken zu einem beliebten Wohnort entwickelt, mit dem Papenbusch und der Ems als Naherholungsgebiet in der Nähe. Im Jahr 2011 feierte der Ort sein 1.150-jähriges Bestehen mit einem großen Volksfest. Zur Geschichte des Dorfes ist zu diesem Anlass auch eine sehr umfangreiche und interessante Chronik in Buchform erschienen.
Die Zukunft des Ortes sieht sehr positiv aus. Borken hat derzeit 572 Einwohner und wächst weiter. Der einzige Wermutstropfen dürfte der kaum aufzuhaltende Rückgang der plattdeutschen Sprache sein.